7000 Inseln, Traumstrände und freundliche Menschen. Doch bei den deutschen Asienreisenden laufen die Philippinen immer noch unter „ferner liefen“. Das soll sich jetzt ändern.
Vom Hyatt Hotel im umtriebigen Stadtteil Ermita hat der Besucher einen guten Überblick über Manila, eine Stadt, der architektonische Highlights ebenso abgehen wie urbaner Flair. Kuala Lumpur hat als imposantes Gebäude die „Petronas Towers“, Shanghai den Prachtboulevard „Bund“ – all das sucht man in der philippinischen Metropole vergebens. Allenfalls der Blick über die Manila Bay akzentuiert das Bild, ansonsten verlieren sich die Konturen der 12-Millionen-Metropole in einem grauen Allerlei. Wer den Fuss vor die Tür des Hyatt Hotels auf die lebhafte Mabini Avenue setzt, wird sofort von der feuchten Luft, dem höllischen Verkehr und dem Kontrast zwischen Arm und Reich in Beschlag genommen. Neben schicken Geschäften und dunkel verglasten Limousinen wittern Zigarettenverkäufer, Bettler, Viagrahändler oder Geldwechsler das Geschäft mit dem Besucher.
Wer die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes oder die Warnungen in Reiseführern im Vorfeld einer Reise liest, verliert schnell jede Lust auf Manila. Dem Besucher wird dringend geraten, kein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen, gewarnt wird vor Überfällen und korrupten Polizisten, die Ausländer mit dem Vorwand unter Druck setzen, sie hätten gefälschte Designerware gekauft oder mit Drogen gehandelt.
Kein Wunder, dass viele Reisende Manila allenfalls als Stop-over für die Weiterreise auf eine der unzähligen Inseln ansehen. Dabei dauert es keine 24 Stunden, bis der Besucher aus Europa seinen Frieden mit der Stadt gemacht hat. Abends, wenn die untergehende Sonne die Stadt in ein mildes Licht taucht, präsentiert sich Manila überraschend gesellig und die Stimmung will so gar nicht zu den Warnhinweisen der Reiseführer passen. Rund um den Remedios Circle ist die unappetitliche Rotlichtszene längst auf dem Rückzug, hier kommen sich Besucher, Ex-Pats und Vertreter der philippinischen Mittelschicht in trendigen Restaurants, Bistros oder Cafés näher. „Die Filipinos sind davon überzeugt, die freundlichsten Menschen der Welt zu sein“, erklärt Richard Simmons, der seit einigen Jahren das Hyatt-Hotel in Manila leitet. In der Tat kommt man mit den Einheimischen viel schneller ins Gespräch als in vielen anderen asiatischen Ländern, zumal die Filipinos fließend englisch sprechen.
Auch ein Abstecher in den ältesten Stadtteil „Intramuros“ ist lohnenswert. Der bekannte Reiseführer Carlos Celdran (www.celdrantours.blogspot.com) kann wie kein Zweiter die Kontraste, das Chaotische, das Spirituelle, das Dreckige und das Unbeschreibliche der Stadt innerhalb dieses alten Festungsteils erläutern. Leider sind nur noch wenige Villen aus der spanischen Kolonialherrschaft übrig, viele Gebäude wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört, als die Philippinen von Japan besetzt waren. Die günstigen Stadthotels sind auch ideal als Ausgangspunkt für interessante Tagesausflüge. Nur 70 Kilometer südlich von Manila ist der „Taal“, der vermutlich kleinste aktive Vulkan der Welt. Der etwas über 300 Meter hohe Feuerberg thront auf einer Insel inmitten des Taal-Sees und belohnt mit einem schönen Blick. Doch so weit kommen die meisten Besucher nicht, sie interessieren sich häufig nur für die überdimensionierte „Mall of Asia“, eines der größten Einkaufscenter Asiens, und suchen dann schnell das Weite.
Der schlechte Ruf des Landes lässt sich auch an den Besucher-Zahlen ablesen. Gerade einmal 40 000 Deutsche reisen jedes Jahr auf die Philippinen, gleichzeitig schicken die Pauschalanbieter mehr als 280 000 Deutsche nach Thailand. Selbst Vietnam, das sich erst Ende der 90er Jahre für den Tourismus öffnete, hat die Philippinen längst überflügelt. 4 Millionen Besucher reisen jedes Jahr in das Land am Mekong, die Philippinen kämpfen dagegen immer noch mit der 3-Millionen-Marke. Für Marco Vazzoler ist das unverständlich. Er leitet seit 2 Jahren das Shangri-La-Hotel auf der Insel Mactan vor Cebu: „Das Land hat ein unglaubliches touristisches Potential, das Reisen ist sicher und die Menschen hilfsbereit“. Doch für die europäischen Reisemanager sind die Philippinen „terra incognita“. „Zwar genießen die Urlaubsplaner von Tui und dertours immer wieder schöne Tage in den philippinischen Resorts, „um am Ende des Tages dann doch Thailand und Malaysia ins Programm zu heben“, stellt Vazzoler deprimiert fest. Nicht einmal 5 Prozent der Gäste im „Shangri-La“ sind Europäer – Koreaner, Hongkong-Chinesen und Amerikaner geben hier den Ton an.
Doch jetzt wollen sich die Filipinos verstärkt um die europäische Klientel kümmern. Tourismusminister Alberto Aldaba Lim hat ein ehrgeiziges 5-Jahres-Programm entwickelt. Ziel ist es, die Philippinen bis zum Jahr 2016 als einen der großen Player auf dem Tourismusmarkt zu positionieren. Das Bild, wonach die Philippinen ein beliebtes Ziel für Sextouristen und ein Eldorado für Päderasten ist, soll durch die Imagekampagne „wowphilippines“ endlich abgestreift werden, das Land soll zum asiatischen Tourismusmarkt der Zukunft werden. Ob das gelingt, ist fraglich. Derzeit steuert der Tourismus nur 6 Prozent zur Wirtschaftsleistung des Landes bei, zudem macht die mangelhafte Infrastruktur das Reisen über Land beschwerlich. Der versprochene Ausbau der wichtigen Verbindungsstraßen auf den überlasteten Hauptinseln Luzon und Cebu kommt nur schleppend voran, und auch der Fluglinien-Streit mit der Europäischen Kommission in Brüssel ist noch immer nicht beigelegt. Derzeit darf „Philipppine Airlines“ wegen Sicherheitsbedenken keine Flughäfen in Europa ansteuern.
Über 7100 Inseln zählt der subtropische Archipel, die Küstenlänge addiert sich auf über 35.000 Kilometer Länge. Wollte man an jedem Tag eine andere Insel besuchen, würde der Trip immerhin 20 Jahre benötigen. Nur 11 Inseln sind größer als 2500 Quadratkilometer, das macht die Region ideal fürs „Island-Hopping“. Oft scheint die Reise von einer Insel zur anderen in ein völlig anderes Land zu führen. Vegetation, Menschen, Sprache – fast alles unterscheidet sich von einer Anlaufstation zur Nächsten. Y’ami im hohen Norden auf der Inselgruppe der Batanen erinnert fast an Schottland und ist nur einen Steinwurf von Taiwan entfernt. Das tropisch-muslimische Sitangkai liegt dagegen 1800 Kilometer weiter südlich vor der Küste Borneos. Ganz im Osten, wo das Land fast in den über 10.000 Meter tiefen Philippinengraben des Pazifiks zu versinken droht, liegt Catanduanes. Hier rollen turmhohe Brecher heran, ein Eldorado für hartgesottene Surfer. Das abgelegene Eiland wird regelmäßig von Taifunen verwüstet, überrascht jedoch mit einem einzigartigen Ökosystem. Fast 12.000 Pflanzenarten hat man gezählt, darunter 700 verschiedene Orchideen.
Wer tintenblaues Wasser sucht, grüne Palmenhaine und schaumgekrönte Wellen, die die Riffs der Taucher umspülen, wird vor allem die im Zentrum des philippinischen Archipels gelegenen Visayas besuchen. Hier ist die Landschaft besonders exotisch. Das Angebot reicht von unzugänglichen Bergregionen über tropische Wälder bis hin zu ungezählten Seen und Flüssen. Hier finden Besucher zudem das beste Angebot an modernen und komfortablen Strand-Resorts. Chris Hein ist einer jener Schweizer, der es auf den Philippinen zu etwas gebracht hat und mehrere Tauchschulen und Strandresorts in den Visayas besitzt. In Dauin, im Süden der Insel Negros hat er das Urlaubsresort „Pura Vida“ errichtet, das Tauchergruppen aus ganz Europa anzieht. „Die Philippinen sind eine ideale Urlaubsdestination für Abenteurer, Familien, Wanderer und Taucher“, ist der 47jährige überzeugt. Als 22 Jähriger Tauchurlauber kam er auf die Philippinen, seitdem hat ihn das Land nicht mehr losgelassen.
Negros ist in zwei Provinzen unterteilt – Occidental im Nordwesten und Oriental im Südosten. Im Norden findet man noch die Hinterlassenschaften der einstigen Zuckerbarone. Auf 450 000 Hektar werden hier zwei Drittel des philippinischen Zuckers gewonnen. Heiße Quellen, Wasserfälle und Lagunen säumen die Wanderwege zu den Kraterrändern des Mount Kanlaon, den 2465 Meter hohen Gipfel des gleichnamigen Nationalparks. Die Universitätsstadt Dumaguete an der Südostküste bietet mit dem Rizal Boulevard geradezu mediterrane Atmosphäre. Die altehrwürdige Silliman Universität mit ihrem amerikanisch anmutenden Campus hat zwar etwas Patina angesetzt, doch noch immer zählt die vom amerikanischen Geschäftsmann Horace Silliman 1901 gegründete Universität zu den Eliteschulen des Landes.
Keine 60 Kilometer entfernt liegt Bohol mit endlosen Sandstränden und Kokospalmen, aber auch mit ausgedehnten Mangrovenwäldern und Nationalparks. Hauptattraktion sind die Chocolate Hills, die aus der Ferne überdimensionalen Maulwurfhaufen gleichen. Es sind 1268 gleichförmige Hügel, durchschnittlich 30 bis 40 Meter hoch. Das niedrige Buschwerk verfärbt sich gegen Ende der Trockenzeit zu jenem Schokoladenbraun, das den Hügeln ihren Namen gab. Derzeit kursieren hierzu zwei Varianten: Die Filipinos favorisieren die sentimentale Legende, wonach der junge Riese Arogo sich in die bürgerliche Aloya verliebt hatte. Nach ihrem Tod vergoss Arogo bittere Tränen, aus denen dann die Hügel entstanden sind. Geologen glauben dagegen, dass die Erhebungen die Reste eines früheren, inzwischen von Strömungen rund geschliffenen, Unterwasserriffs sind.
Tourismusminister Lim muss jedenfalls noch viel Überzeugungsarbeit leisten, wenn er das touristische Potential des Landes erschließen will. Seine Landsleute jedenfalls können es nicht verstehen, warum die Besucher aus Europa nach Thailand, Malaysia und Vietnam strömen, die Philippinen aber links liegen lassen. Vielleicht sollte Lim stärker darauf abheben, dass sich das Asiatische auf den Philippinen anders ausdrückt als in vielen Ländern Südostasiens. Die Filipinos lieben amerikanische Jeeps, rennen in katholische Kirchen, sprechen Englisch und essen Nudeln statt Reis. Reiseführer Carlos Celdran drückt den Unterschied zu Thailand auf folgende Weise aus: „Wer die Thais lieben will, der muss sie verstehen, doch wer die Filipinos verstehen will, der muss sie lieben.“
Philippinen auf einen Blick
Anreise: Nur KLM fliegt nonstop von Europa nach Manila, täglich um 14.30 Uhr ab Amsterdam Schiphol, Ankunft am nächsten Morgen um 8.55 Uhr in Manila. Ansonsten fliegt Emirates über Dubai und Singapore Airlines über Singapur sowohl nach Manila als auch nach Cebu City, der zweitgrößten Stadt der Philippinen. Immer mehr Reisende präferieren die Einreise über Cebu. Man vermeidet die Hektik Manilas, auch die Einreiseformalitäten verlaufen in Cebu deutlich entspannter. Der Zeitunterschied zu Deutschland beträgt 7 Stunden.
Einreise: Deutsche, österreichische und schweizerische Staatsangehörige benötigen zur Einreise einen Reisepass, der noch mindestens 6 Monate gültig sein muss. Touristen wird bei der Einreise ein gebührenfreies Visum für 21 Tage erteilt. Eine Verlängerung bis maximal 59 Tage ist beim Bureau of Immigration in Manila, in Cebu City und Davao möglich. Hierfür ist ein gültiges Rückflugticket erforderlich. Spezielle Impfungen sind für die Einreise nicht erforderlich.
Reisezeit: Als die besten Reisemonate gelten die Monate März bis Mai. Doch das philippinische Wettergeschehen ist recht unübersichtlich. Der Insel-Archipel liegt im Einflussgebiet des Monsuns, der im Sommer aus Südwest und im Winter aus Nordost wehen sollte. Nicht immer hält er sich an diese Regel, so dass man in den Visayas ganzjährig mit einem Mix aus Regen und viel Sonne rechnen darf.
Unterkunft: In Manila: Hyatt-Hotel, ab 110 €, www.manila.casino.hyatt.com
Auf Cebu: Shangri-La-Resort, ab 168€, www.shangri-la.com
Auf Negros: Pura Vida, ab 44 €, www.pura-vida.ph